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„Wenn es Sie nicht gäbe, gäbe es mich nicht mehr“ 

Heinz Robens | Ehem. Geschäftsführer, Gesellschafter Deutsche Stammzellspenderdatei (DSD) gGmbH | LinkedIn | Copyright: Privat

Heinz Robens ist ein außergewöhnlicher Mensch, einer, dem man gerne zuhört, weil seine Geschichte märchenhaft klingt – und doch ist sie so wahr: Er hat als Schriftsetzer begonnen und es bis zum Prokuristen eines Unternehmens gebracht – und Geschäftsführer eines weiteren Unternehmens wurde er auch. Doch das ist nicht die Geschichte, die so sehr fasziniert. Die eigentliche Story spielt neben dem Berufsleben des Heinz Robens, Jahrgang 1945. 

Erfolgreiche Überzeugungsarbeit  

Robens verkauft bei der Biotest AG in Langen bei Frankfurt am Main Diagnostik für Transplantationen, 1988 wird er dann von der Universität Ulm angesprochen, ob er sich vorstellen könne, gemeinsam mit seinem Unternehmen und dem DRK Blutspendedienst in Frankfurt ein zentrales Knochenmarkspenderegister für Deutschland aufzubauen. Heinz Robens war begeistert. Wie und mit welchem Geld das passieren solle – bei dieser Frage hat er nicht lange überlegt. Er ist einfach aktiv geworden und hat seinen Chef gefragt, ob dieser nicht einfach fünf Prozent des Unternehmensgewinns abgeben könne – „schließlich sind wir Marktführer für diese Diagnostik, und wenn wir 5 Prozent Gewinn abgeben, dann ist das ausreichend und nicht mehr als recht“, hat er sich gesagt. Der Firmengründer zögerte nicht und erteilte die Freigabe – und damit begann sie, die ganz besondere Geschichte. 

„Wo man helfen kann, muss man es tun“ 

„Wir haben 1989 das zentrale Knochenmarkspenderregister in Ulm an der Uni gegründet, etwa 2.000 Spenderdaten wurden zunächst in die Datei eingebracht, später kamen die Daten von der Stiftung aus Birkenfeld dazu, und die DKMS hat dann ebenfalls ihre Daten zur Verfügung gestellt.“ Das alles sei damals noch händisch erfolgt – gesammelt in einer Excel-Datei. „Ich lernte von Professoren und Medizinern der Stiftung, was notwendig ist, um den an Blutkrebs schwer erkrankten Patienten, ungefähr 50 Prozent davon Kinder, zu helfen, damit diese weiterleben können.“ Die Herausforderung dabei ist nicht die Spende an sich, die zu 98 Prozent erfolgreich verlaufe: „Das Problem ist, dass die Chance, einen passenden Spender zu finden, im Verhältnis 1 zu 1,6 Millionen liegt.“ 

 

Eine:n passende:n Spender:in finden - Heinz Robens wird emotional, wenn er von „Fällen“ wie diesen erzählt – vom kleinen Nico, 6 Jahre alt, für den es keinen Spender im näheren Umfeld gibt. „Und so organisierten wir eine Aktion und konnten an einem Sonntag in ganz Sachsen-Anhalt 21.600 Spenderinnen und Spendern eine Blutprobe entnehmen. Mit einer solchen Menge hatten wir natürlich nicht gerechnet, ich ging davon aus, dass das maximal 4000 Spender werden.“ Am Ende des Tages hatten er und sein Register nicht nur viele Proben und leider immer noch keinen passenden Spender – sondern auch 1,2 Millionen Euro Schulden. Nico bekam dann zwar Knochenmark seines Vaters transplantiert – starb jedoch, weil das dem seinen nicht ausreichend glich. „Da fragt man sich schon, ob diese Arbeit überhaupt einen Sinn macht“, erzählt Heinz Robens. Aufgegeben hat Robens natürlich nicht – und das tut er bis heute auch nicht.

 

„Die größte Einzelaktion, die es in diesem Bereich jemals gab“  

Mithilfe der José Carreras-Stiftung und der BILD-Zeitung habe man es damals geschafft, das Geld einzusammeln, um die Stiftung zu retten – und das Privatvermögen des Firmengründers der Biotest AG zu schonen. „Die größte Einzelaktion, die es in diesem Bereich jemals gab“, ist Robens heute stolz. Diese Aktion hat Robens auch beflügelt, weiter zu wachsen. So hat Heinz Robens alle Kräfte versammelt, um das Register auszubauen, effizienter und leistungsfähiger – und vor allem bei jungen Menschen bekannter zu machen: 

 

„Aus den 50 neuen Dateien fusionierten viele im Bereich der Blutspendedienste des Deutschen Roten Kreuzes, um Personal und Verwaltungskosten zu sparen“, erzählt Robens, „Am 30. März 2010 ging ich mit Vollendung des 65. Lebensjahres in Rente. Anfang 2011 kontaktierte mich die damalige Geschäftsführerin der Deutschen Stammzellspenderdatei DSD gGmbH und Oberärztin des Blutspendedienstes in Dessau mit der Bitte, ihr die Kontakte der Entnahmezentren in den Universitäten zu übertragen. Wir schlossen einen Beratervertrag mit dem Ziel, etwa zehn Tage im Jahr gemeinsam zu den Entnahmezentren der Universitäten zu reisen. Dieser Aufgabe wurde ich gerne gerecht und meine früheren Kunden freuten sich, mich so schnell wiederzusehen.“ Doch mit der Rente und ein wenig Beratung wurde es leider nichts: Ende 2012 kündigte die Geschäftsführerin der Deutschen Stammzellspenderdatei DSD gGmbH beim DRK-Blutspendedienst in Dessau. Der damalige medizinische Geschäftsführer des Dienstes, Prof. Thomas Müller, bat Robens, die Geschäftsführung zu übernehmen. „2012 wurde ich auch Mitglied des Geschäftsführenden Vorstands und Schatzmeister der Stiftung Knochenmark- und Stammzellspende Deutschland (SKD) mit 24 Dateien“, so Robens. 

Cornelia Wanke | Chefredakteurin Unboxing Healthcare | LinkedIn | Copyright: Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) / Lopata

Bei seinem ersten Teammeeting der DSD in Dessau fragte der 67-jährige die Beschäftigten, wie man sich denn von anderen Dateien unterscheiden wolle. Die jüngste Mitarbeiterin antwortete: „Wir brauchen viele junge Spender und müssen deshalb auf Facebook präsent sein.“ Inzwischen haben Robens und sein Team mehr als 35.000 „Freunde“ gewonnen. Schulprojekte und Informationskampagnen folgten. „Von 2013 bis 2017 gewannen wir alle großen Berufsschulen in 15 Bundesländern als Partnerschulen, wir stellten die DSD beim Bundesinnenministerium anlässlich einer Pressekonferenz vor. Mit Hilfe einer Werbeagentur in Köln entwickelten wir zeitgleich Werbematerialien und Filme. Eine Wanderausstellung zum Thema Stammzellspende wurde ein Highlight. Mit dieser gingen wir unter anderem in Behörden, Schulen, Firmen und Kaufhäuser.“ Voller Stolz berichtet Heinz Robens über den Erfolg der DSD. 

 

Mehr Menschen erreichen  

Weil sich die Deutsche Knochenmarks Spenderdatei (DKMS) damals ausschließlich auf die Gewinnung von Fremdspendern im Großstädten konzentrierte, begann Robens mit der DKS, mehr als 50 neue Dateien vor allem auch in Blutspendediensten und Transfusionsmedizinischen Einrichtungen in Universitäten und im staatlich kommunalen Bereich zu gründen. Er suchte deren Leitungen mit aus und half bei der Schulung der neuen Mitarbeitenden durch Kurse mit entsprechenden Meinungsbildnern. Für die Werbung von freiwilligen Neuspendern organisierte Robens Kurse. Und bei seinem Unternehmen Biotest (wo er immer noch arbeitete) organisierte er theoretische und praktische HLA-Kurse. „Darüber hinaus halfen wir, nach dem Vorbild der Uniklinik Düsseldorf weitere Nabelschnurbanken zu gründen. Etwa zeitgleich gründeten wir die Stiftung Knochenmark- und Stammzellspende Deutschland (SKD) mit Sitz in München. 

Infobox: HLA
Das Humane Leukozyten-Antigen-System, kurz HLA-System, ist eine Gruppe menschlicher Gene, die für die Funktion des Immunsystems zentral sind. Das System kommt unter dem Namen Haupthistokompatibilitätskomplex (englisch: MHC) bei allen Wirbeltieren vor. Bei Menschen wird der MHC als HLA-System bezeichnet, weil man die Moleküle mit spezifischen Antikörpern auf der Oberfläche von Leukozyten nachweisen kann.)

„So wuchs die Zahl von freiwilligen Knochenmarkspendern sehr schnell und die ersten Transplantationen waren vielversprechend“, erzählt Robens. Durch das schnelle Wachstum wurde es sogar notwendig ein Transplantationsgesetz für diesen Bereich zu erlassen. Auch das arrangierte Robens: Mitarbeitende des Bundesgesundheitsamtes (BGA) und dem Paul-Ehrlich-Institut (PEI) in Langen und Meinungsbildner der Universitäten setzten dieses recht schnell um. 

 

Ein grenzenloser Erfolg 

Das Zentrale Knochenmarkspender-Register für Deutschland (ZKRD) arbeitet nun mit allen Dateien in Europa und der Welt zusammen. Um dies zu unterstützen, wagte sich Heinz Robens sogar aufs internationale Terrain: „Zusammen mit dem Paul-Ehrlich-Institut organisierte ich ein erstes europäisches Symposium in Langen. Mit mehr als 120 Teilnehmerinnen und Teilnehmern aus Europa war es sehr gut besucht“, blickt Robens auf die Pionierzeit zurück. Das alles zu managen – wahrlich ein großes Lebenswerk. 

 

Sein größter Erfolg jedoch sei es, wenn den Menschen geholfen werde, so Robens. Und dann erzählt er wieder eine Geschichte – eine, die auch aus einem Hollywood-Film stammen könnte: Auch nach zehn Jahren muss Robens mit den Tränen kämpfen, wenn er sich an die junge Frau erinnert. Als Gastredner stand er damals während einer Firmenfeier des großen deutschen Möbelhauses Höffner – einem der großen Unterstützter von Robens Arbeit – auf dem Podium. Die junge Frau schritt auf die Bühne sagte zu Robens: „Wenn es Sie nicht gäbe, gäbe es mich nicht mehr.“ Die Frau war eine Mitarbeiterin des familiengeführten Möbelhauses, für das Heinz Robens gemeinsam mit der Gründerfamilie eine Aktion organisiert hatte, bei der sich mehrere tausend Mitarbeitende typisieren ließen, um einen geeigneten Spender für die junge Mutter zu finden. Robens denkt daran immer noch vor Tränen gerührt zurück. Die junge Frau erhielt eine Stammzelltransplantation und konnte gerettet werden. 

  

Wie viele weitere Leben Heinz Robens und seine Mitstreiter seit Gründung der DSD mit ihrer Arbeit gerettet haben, kann niemand genau sagen. Dass jährlich 10.000 Leukämiepatienten in Deutschland eine Spende erhalten – „bei 98 Prozent Erfolgsquote“ –, ist eine Tatsache. Dem Leben zu dienen, war schon immer Heinz Robens Mission. Und das wird sie noch lange bleiben: Heute ist Robens, der Rentner, Manager der Ratsstube in Dietzenbach – übernimmt das Marketing des Restaurants und kuratiert die Kunstausstellungen dort. Einzige Voraussetzung: Jeder Künstler soll ein Werk spenden, das dann für den sozialen Zweck versteigert wird. In den ersten 17 Versteigerungen der Kunst-Ausstellungen in der Ratsstube Dietzenbach kamen 24.405 Euro für einen sozialen Zweck zusammen. „Wo man helfen kann, muss man es tun“, sagt Robens. 

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1 Kommentar

  1. Veröffentlicht von Hans Dr. Neumeyer am 24. Dezember 2023 um 17:09

    Heinz Robens ist mir seit mehr als vier Jahrzehnten in vielerlei Hinsicht ein großes Vorbild (und Freund). Ein großartiger Mensch! Der hier dargestellte, zielstrebig erarbeitete „grenzenlose Erfolg“ spricht für sich selbst. Dabei hat Heinz sich immer eher bescheiden im Hintergrund gehalten und damit großes bewegt. Hut ab. Und frohe, gesunde Weihnachten 2023!

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